Wer mit Tieren arbeitet, kennt das – man weiß nie, was in der nächsten Sekunde passiert. Ich mag es, dass meine Tage und Wochen nie komplett planbar sind und ich ständig auf Unvorhergesehenes reagieren muss – selbst wenn ich dabei manchmal hüfttief in Gülle stehe. Aber von vorn.

An Karfreitag hatte mich mein japanischer Kollege Shuichi Tokumoto eingeladen, mit ihm ein Webinar vor japanischem Publikum zu halten. Shuichi habe ich in Argentinien auf einer Veranstaltung des Global Farmer Networks kennengelernt, bei dem wir beide Mitglied sind. In Japan ist er ein engagierter Landwirtschafts-Influencer und hat dort vor einem Jahr das Japan Biotech Crop Network (JBCN) ins Leben gerufen, in dessen Rahmen er zum Beispiel Webinare organisiert. Bei seinem dritten Webinar war ich als ausländische Farm-Expertise eingeladen, um die Hintergründe der „Bauernproteste“ zu beleuchten.
Thema war demnach die europäische Agrarpolitik (GAP) vor dem Hintergrund der vielen Demonstrationen der letzten Monate. Ich gab einen Überblick über die GAP und welche Bereiche dort für alle Mitgliedsstaaten gemeinsam geregelt werden – und welche nicht. Außerdem sprach ich über die Veränderungen der letzten Jahre und inwiefern diese Treiber der aktuellen Demonstrationen sind – natürlich mit Fokus auf die Situation in Deutschland. Wie groß das Interesse an den Geschehnissen in Europa ist, zeigte sich nicht nur daran, dass Shuichi ein Webinar zu diesem Thema organisierte, sondern auch im anschließenden Q+A.

"Emergency - I'm so sorry!"

Wie kann ein so erfolgreicher und spannender Tag in der Gülle enden? Noch bevor das Webinar zu Ende war, standen immer wieder Mitarbeitende mit aufgeregtem Blick in meiner Tür. Kurz vor geplantem Ende konnte ich sie nicht mehr länger ignorieren, es war klar: das ist ein Notfall.
Ich verabschiedete mich hastig von den Webinarteilnehmenden, klappte den Laptop zu und fuhr zum Stall. Einige Kühe waren aus ihrem Stall ausgebrochen und zwei hatten sich dabei ins Güllebecken verirrt, wo sie ohne Hilfe nicht mehr herauskamen. Als leichteste Person war ich die Glückliche, die sich kurz darauf ins Güllebecken abseilen durfte, um den Kühen notdürftig Seile umzulegen und sie mit viel Unterstützung von oben und gutem Zureden von mir wieder aus dem Becken zu bugsieren.

Was für ein Tag! Ich bin froh, dass weder Mensch noch Tier zu Schaden gekommen sind. Und musste dennoch lachen, als ich meinen Freund*innen später erzählte, wie schnell der Switch von Agrarpolitik zu Güllebecken sein kann. Und trotz des Schreckens und des Geruchs, der auch nach dreimal waschen nicht aus meinen Haaren ging: Ich liebe meinen Beruf genau wegen dieser Gegensätze.

02. April 2024

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